Künstliche Intelligenz als letzte Hoffnung? Warum die Schweiz KI endlich ins Gesundheitswesen lassen muss

Die Schweizer Gesundheitskosten steigen. Und steigen. Und steigen. 2025 zahlen wir im Schnitt fast 450 Franken Prämie im Monat – Tendenz: weiter nach oben. Es ist, als ob man einem Leck im Boot mit einem Teesieb zu Leibe rückt. Aber Moment: Vielleicht haben wir da ja doch ein Werkzeug in der digitalen Werkzeugkiste, das mehr kann als Flickwerk. Sein Name? Künstliche Intelligenz (KI).

Wer profitiert eigentlich vom heutigen System?

Bevor wir die KI zum Retter krönen, lohnt sich ein Blick darauf, wo das ganze Geld hinfliesst. Denn Geld verschwindet bekanntlich nicht einfach – es wechselt nur den Besitzer. Und wer sind diese Glücklichen?

  • Spitäler und Kliniken: Stationäre Aufenthalte fressen rund ein Drittel aller Gesundheitsausgaben.

  • Ärzt:innen: Besonders Fachärzt:innen im ambulanten Bereich kassieren kräftig.

  • Pharmaindustrie: Patentgeschützte Medikamente sind in der Schweiz durchschnittlich 8,9 % teurer als im Ausland. Bei Generika sind es gar stolze 45,3 %.

  • Krankenkassen: In der Grundversicherung müssen sie kostendeckend arbeiten – aber Zusatzversicherungen sind ein schönes Geschäft.

  • Berater, Vermittler, Werber: Weil wir ja alle jährlich unsere Kasse wechseln – oder zumindest das Gefühl haben sollten, es zu müssen.

Warum ein starker Franken keine billigen Medikamente garantiert

Du denkst jetzt vielleicht: „Aber Moment! Ein starker Franken macht Importe doch billiger?“ Theoretisch ja. Praktisch nein. Denn die Medikamentenpreise in der Schweiz werden reguliert, und Wechselkurse fliessen nur verzögert oder geglättet in die Preisbildung ein. Und die Pharmaunternehmen? Die nutzen ihre globale Macht, um Preissenkungen zu verhindern. Denn was in der Schweiz billiger wird, könnte in anderen Referenzländern den Preis ebenfalls drücken. Also bleibt's teuer. Und das ist keine Verschwörung – das ist einfach Marktmacht.

Wo KI heute schon brilliert

Künstliche Intelligenz ist kein theoretisches Konzept mehr. Sie wird bereits erfolgreich eingesetzt:

  • Bildanalyse & Diagnostik: KI erkennt Tumore, Frakturen oder Netzhautveränderungen oft schneller und präziser als der Mensch.

  • Triage-Systeme: Intelligente Chatbots helfen, Notaufnahmen zu entlasten.

  • Therapieplanung: KI kann Risiken und Krankheitsverläufe besser voraussagen als so mancher erfahrener Arzt.

  • Administration: Die KI codiert Diagnosen, prüft Abrechnungen und füllt Dossiers aus.

Und das Sparpotenzial?

Jetzt wird’s konkret: Studien zeigen, dass durch Digitalisierung und KI-Einsatz in der Schweiz bis zu 8,2 Milliarden Franken pro Jahr eingespart werden könnten. Das sind knapp 9 % der gesamten Gesundheitskosten.

Und wo genau kann eingespart werden?

  • Administrative Prozesse: ~2,5 Mrd. CHF

  • Betrugserkennung & Abrechnungsprüfung: ~1,3 Mrd. CHF

  • Intelligente Medikamentensteuerung: ~1,3 Mrd. CHF

  • Gesamtpotenzial (konservativ): 6–9 Mrd. CHF = 7–10 %

Also ja: Künstliche Intelligenz ist kein Tropfen auf den heissen Stein. Sie ist eher der Feuerschlauch.

KI als digitale Prüfinstanz

Ein besonders spannender Bereich: KI zur Kostenkontrolle. Während heute Abrechnungen stichprobenartig oder gar nicht kontrolliert werden, könnte KI systematisch auffällige Muster erkennen:

  • Abrechnungsbetrug

  • Medikamentenverschwendung

  • Überbehandlungen

  • Kombinierte Leistungen ohne medizinischen Sinn

KI wird damit zur digitalen Ethikinstanz. Nicht um Menschen zu überwachen, sondern um Fairness und Transparenz zu schaffen. Und vielleicht – nur vielleicht – wird sie das erste System sein, das den Unterschied erkennt zwischen medizinischer Notwendigkeit und wirtschaftlichem Interesse.

Warum das noch nicht längst umgesetzt ist?

Gute Frage. Die Technik ist da. Die Daten auch. Aber:

  • Es fehlt an politischem Mut.

  • Es gibt Interessen, die am aktuellen Zustand sehr gut verdienen.

  • Und: Ein bisschen gesunder Technikskeptizismus schadet in der Schweiz nie.

Aber mit Blick auf die Prognosen der nächsten Jahrzehnte – mehr alte Menschen, mehr chronisch Kranke, mehr medizinische Möglichkeiten – wird klar: Ohne intelligente Systeme kollabiert das System.

Fazit: KI ist keine Konkurrenz, sondern unser Upgrade

KI wird Ärzt:innen nicht ersetzen. Aber sie wird ihnen den Rücken freihalten. Sie wird unnötige Leistungen entlarven, Ineffizienzen aufzeigen und die Verwaltung verschlanken. Und vielleicht ist sie genau das, was unser Gesundheitssystem jetzt braucht: Einen digitalen Kollegen, der nie müdet, keine Bonusziele hat und kein Interesse daran, auf Kosten anderer zu profitieren.

Wenn wir KI endlich systematisch ins Gesundheitswesen lassen, könnte das mehr bewirken als jede Reform der letzten 20 Jahre. Und falls nicht – hey, dann haben wir es wenigstens mit jemandem versucht, der keine Lobby hat.

Zurück
Zurück

Die Welt wird währungs-multilateral: Wie der US-Dollar langsam Gesellschaft bekommt

Weiter
Weiter

Laut, aber schwach – Still, aber mächtig