Der Spaziergang zur Lösung: Warum Probleme manchmal Freunde sind

Lösungen sind toll. Aber weisst Du, was noch toller ist? Ein echtes, ehrliches, unverschämtes Problem. Eines, das sich nicht wegräumen lässt wie das Toastkrümel-Chaos unter der Tastatur. Denn, so paradox es klingt: Der erste Schritt zur guten Lösung ist überhaupt erst einmal ein Problem zu haben.

Zu viele Ideen, Initiativen und Innovationen scheitern nämlich an genau diesem banalen Punkt: Es gibt schlichtweg kein Problem, das sie zu lösen versuchen. Willkommen im Land der überflüssigen App-Erfindungen und kreativen PowerPoint-Schlachten. Ohne Problem kein Fortschritt – so einfach. Und so schwer.

Die Illusion der einen perfekten Lösung

Hast Du schon mal verzweifelt versucht, das eine perfekte Argument für einen Kunden, einen Chef oder eine Lebensentscheidung zu finden? Willkommen im Club. Dabei ist es eine ziemlich verbreitete Denkfalle: die Suche nach der Lösung. Singular. Absolut. Wie die eine Socke, die immer allein aus der Waschmaschine kommt – ihre bessere Hälfte bleibt für immer verschollen.

Tatsächlich gibt es für jedes ernstzunehmende Problem unzählige potenzielle Lösungen. Und nein, das ist nicht verwirrend, sondern eine Einladung zur Grosszügigkeit des Denkens. Mehr Optionen heisst mehr Freiheit. Oder, wie es in der Psychologie heisst: divergentes Denken. Genau das ist gefragt, wenn es um kreative Problemlösung geht.

Statistiken, die das Unbehagen mit Fakten versüssen

Falls Du gerade denkst: "Ja, ja, klingt alles schön. Aber gibt es auch Zahlen dazu?", bitte sehr:

  • Laut einer Adobe-Studie halten 85 % der Hochschulabsolventen kreatives Denken für entscheidend bei der beruflichen Problemlösung.

  • Gruppen, die im kreativen Denken geschult wurden, lieferten 350 % mehr Ideen, die zudem 415 % origineller waren als die der Kontrollgruppe (Studie via Linearity.io).

  • Ganze 82 % der Führungskräfte betrachten Kreativität als entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Das bedeutet: Wenn Dir beim nächsten Meeting der Gedanke kommt, dass der Vorschlag vom Kollegen eher in die Kategorie "kreativ daneben" fällt, erinnere Dich daran – immerhin versucht er, etwas zu lösen. Und das ist ein Anfang.

Der Spaziergang als Denkraum

Die Stanford University hat es schwarz auf weiss nachgewiesen: Menschen, die spazieren gehen, steigern ihr kreatives Output um durchschnittlich 60 %. Und das ganz ohne Moos unter den Schuhen. Sogar ein simpler Spaziergang auf dem Laufband ohne Aussicht kann den Unterschied machen.

Wieso? Gehen bringt den Körper in Bewegung – und die Gedanken gleich mit. In der Psychologie nennt man das auch die Aktivierung des sogenannten diffusen Denkmodus. Im Gegensatz zum fokussierten Arbeiten erlaubt er es, neue Verbindungen im Gehirn zu knüpfen. Und manchmal ist genau das der Weg zur Lösung.

Achtsamkeit für Denkrebellen

Wer das Problem zu seinem Feind macht, wird selten zur Lösung eingeladen. Viel produktiver ist es, das Problem zum Tee einzuladen. Oder zum Spaziergang. Oder einfach zum inneren Dialog. "Na, mein lieber Stressfaktor, was brauchst Du eigentlich, um zu verschwinden?"

Das sogenannte Mind-Wandering – das bewusste Umherschweifen der Gedanken – ist kein Zeichen von Unkonzentriertheit, sondern kreatives Potenzial. Neurowissenschaftlich betrachtet ist dabei das Default Mode Network aktiv, jenes Hirnnetzwerk, das für Selbstreflexion, Tagträume und Perspektivwechsel verantwortlich ist. Ein bisschen wie die interne Lounge des Gehirns.

Warum Du nicht warten, aber spazieren gehen solltest

Und wenn die Lösung auf sich warten lässt? Geh spazieren. Geh raus. Geh in Gedanken. Lade Deine Probleme ein, Dich zu begleiten. Sie werden Dir zeigen, was sie brauchen. Vielleicht sogar, wie sie sich auflösen. Und falls nicht: Du hast immerhin frische Luft geschnappt. Auch nicht schlecht.

Das ist keine Magie, sondern kognitive Wissenschaft:

  • Kreative Ideen entstehen oft in Zuständen der Musse, nicht im "Zwangsmeeting zur Ideenfindung".

  • Dein Gehirn arbeitet auch, wenn Du nicht direkt an das Problem denkst.

  • Und manchmal ist "nicht nachdenken" die intelligenteste Form des Denkens.

Fazit: Die Lösung findet Dich

Also: Hör auf, wie ein Goldgräber mit Sieb im Kopf nach der perfekten Idee zu schürfen. Mach stattdessen Platz. Für Gedanken, für Pausen, für echte Probleme. Die Lösung wird Dich finden. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht im Konfi-Call um 14:00 Uhr. Aber auf dem Heimweg. Oder unter der Dusche. Oder zwischen zwei Lachern beim Feierabendbier.

Und wenn nicht: Dann hast Du immerhin angefangen, das Problem zu lieben. Und das ist mehr, als viele je tun.

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